Artikel 19 GWVO – Anwendung der Sorgfaltsmaßnahmen gegenüber Kunden

(1)   Sorgfaltsmaßnahmen gegenüber Kunden sind vom Verpflichteten immer dann anzuwenden, wenn

a)eine Geschäftsbeziehung begründet wird;
b)der Verpflichtete eine gelegentliche Transaktion mit einem Wert von 10 000 EUR oder mehr bzw. dem entsprechenden Gegenwert in Landeswährung ausführt, und zwar unabhängig davon, ob die Transaktion in einem einzigen Vorgang oder über verbundene Transaktionen erfolgt, wobei nach Absatz 9 auch ein niedrigerer Wert festgelegt werden kann;
c)der Verpflichtete sich an der Gründung einer juristischen Person, an der Errichtung einer Rechtsvereinbarung oder — im Fall der in Artikel 3 Nummer 3 Buchstaben a, b oder c genannten Verpflichteten — an der Übertragung des Eigentums an einer juristischen Person, unabhängig vom Wert der Transaktion, beteiligt;
d)ungeachtet etwaiger Ausnahmeregelungen, Befreiungen oder Schwellenwerte ein Verdacht auf Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung besteht;
e)Zweifel an der Echtheit oder Angemessenheit zuvor erhaltener Kundenidentifikationsdaten bestehen;
f)Zweifel daran bestehen, dass es sich bei der Person, mit der er interagiert, um denjenigen Kunden oder diejenige Person handelt, der/die befugt ist, im Namen des Kunden zu handeln.

(2)   Zusätzlich zu den in Absatz 1 genannten Fällen wenden Kredit- und Finanzinstitute, mit Ausnahme von Anbietern von Kryptowerte-Dienstleistungen, Sorgfaltsmaßnahmen gegenüber Kunden an, wenn sie gelegentliche Transaktionen, die einen Geldtransfer im Sinne von Artikel 3 Nummer 9 der Verordnung (EU) 2023/1113 darstellen, im Wert von 1 000 EUR oder mehr oder dem Gegenwert in Landeswährung initiieren oder ausführen, und zwar unabhängig davon, ob die Transaktion in einem einzigen Vorgang oder über verbundene Transaktionen erfolgt.

(3)   Abweichend von Absatz 1 Buchstabe b müssen Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen

a)bei der Durchführung einer gelegentlichen Transaktion im Wert von 1 000 EUR oder mehr oder dem Gegenwert in Landeswährung Sorgfaltsmaßnahmen gegenüber Kunden anwenden, und zwar unabhängig davon, ob die Transaktion in einem einzigen Vorgang oder über verbundene Transaktionen erfolgt;
b)bei der Durchführung einer gelegentlichen Transaktion im Wert von weniger als 1 000 EUR bzw. dem Gegenwert in Landeswährung mindestens die in Artikel 20 Absatz 1 Buchstabe a genannten Sorgfaltsmaßnahmen gegenüber Kunden anwenden, und zwar unabhängig davon, ob die Transaktion in einem einzigen Vorgang oder über verbundene Transaktionen erfolgt.

(4)   Abweichend von Absatz 1 Buchstabe b wenden die Verpflichteten bei der Durchführung einer gelegentlichen Barzahlung über große Beträge im Wert von 3 000 EUR oder mehr bzw. dem Gegenwert in Landeswährung mindestens die in Artikel 20 Absatz 1 Buchstabe a genannten Sorgfaltsmaßnahmen gegenüber Kunden an, und zwar unabhängig davon, ob die Transaktion in einem einzigen Vorgang oder über verbundene Transaktionen erfolgt.

Unterabsatz 1 dieses Absatzes findet keine Anwendung, wenn die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 80 Absätze 2 und 3 eine Obergrenze für große Barzahlungen von 3 000 EUR oder weniger oder der gleiche Wert in nationaler Währung haben, außer in den Fällen nach Absatz 4 Buchstabe b des genannten Artikels.

(5)   Zusätzlich zu den in Absatz 1 genannten Umständen wenden Anbieter von Glücksspieldiensten im Zusammenhang mit Gewinnen und/oder Einsätzen bei Glücksspielen Sorgfaltsmaßnahmen gegenüber Kunden an, wenn Transaktionen in Höhe von 2 000 EUR oder mehr bzw. dem Gegenwert in Landeswährung vorgenommen werden, und zwar unabhängig davon, ob die Transaktion in einem einzigen Vorgang oder in mehreren miteinander in Verbindung stehenden Vorgängen erfolgt.

(6)   Für die Zwecke dieses Kapitels betrachten die Verpflichteten folgende Personen als ihre Kunden:

a)im Fall von Verpflichteten nach Artikel 3 Nummer 3 Buchstaben e, f und i und Personen, die mit hochwertigen Gütern handeln, nach Artikel 3 Nummer 3 Buchstabe j, neben ihrem direkten Kunden auch den Warenlieferanten;
b)im Fall von Notaren, Rechtsanwälten und Angehörigen von rechtsberatenden Berufen, die eine Transaktion vermitteln, und soweit sie der einzige Notar bzw. Rechtsanwalt oder Angehörige von rechtsberatenden Berufen sind, der die Transaktion vermittelt, beide Parteien der Transaktion;
c)im Fall von Immobilienmaklern beide Parteien der Transaktion;
d)in Bezug auf Zahlungsauslösedienste, die von Zahlungsauslösedienstleistern erbracht werden, den Händler;
e)in Bezug auf Schwarmfinanzierungsdienstleister und Schwarmfinanzierungsvermittler die natürliche oder juristische Person, die Finanzmittel über die Schwarmfinanzierungsplattform sowohl sucht als auch bereitstellt.

(7)   Die Aufseher können Verpflichtete direkt oder in Zusammenarbeit mit anderen Behörden dieses Mitgliedstaats von der Anwendung der in Artikel 20 Absatz 1 Buchstaben a, b und c genannten Sorgfaltsmaßnahmen gegenüber Kunden in Bezug auf E-Geld auf der Grundlage des nachweislich geringen Risikos, das von der Art des Produkts ausgeht, ganz oder teilweise freistellen, wenn alle folgenden risikomindernden Bedingungen erfüllt sind:

a)das Zahlungsinstrument kann nicht wieder aufgeladen werden, und der elektronisch gespeicherte Betrag übersteigt nicht den Wert von 150 EUR oder dem Gegenwert in Landeswährung;
b)das Zahlungsinstrument wird ausschließlich für den Erwerb von Gütern oder Dienstleistungen verwendet, die vom Emittenten oder innerhalb eines Netzes von Dienstleistern bereitgestellt werden;
c)das Zahlungsinstrument ist nicht an ein Zahlungskonto gebunden und erlaubt keinen Tausch eines gespeicherten Betrags gegen Bargeld oder Kryptowerte;
d)der Emittent überwacht die Transaktionen oder die Geschäftsbeziehung in ausreichendem Umfang, um die Aufdeckung ungewöhnlicher oder verdächtiger Transaktionen zu ermöglichen.

(8)   Anbieter von Glücksspieldiensten können ihre Verpflichtung, Sorgfaltsmaßnahmen gegenüber Kunden nach Artikel 20 Absatz 1 Buchstabe a anzuwenden, durch die Identifizierung des Kunden und die Überprüfung seiner Identität beim Betreten des Kasinos oder einer anderen physischen Glücksspielstätte erfüllen, sofern sie über Systeme verfügen, die es ihnen ermöglichen, Transaktionen bestimmten Kunden zuzuordnen.

(9)   Die AMLA arbeitet bis zum 10. Juli 2026 Entwürfe technischer Regulierungsstandards aus und legt sie der Kommission zur Annahme vor. Darin wird Folgendes festgelegt:

a)die Verpflichteten, die Sektoren oder die Transaktionen, bei denen ein erhöhtes Risiko für Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung besteht, und für die ein niedrigerer Wert gilt als in Absatz 1 Buchstabe b festgelegt;
b)die damit verbundenen Werte für gelegentliche Transaktionen;
c)die zu berücksichtigenden Kriterien für die Ermittlung von gelegentlichen Transaktionen und Geschäftsbeziehungen;
d)die Kriterien für die Ermittlung verbundener Transaktionen.

Bei Ausarbeitung des in Unterabsatz 1 genannten Entwurfs technischer Regulierungsstandards berücksichtigt die AMLA die Höhe des Risikos, das mit dem jeweiligen Geschäftsmodell der verschiedenen Arten von Verpflichteten einhergeht, sowie die von der Kommission nach Artikel 7 der Richtlinie (EU) 2024/1640 durchgeführte Risikobewertung auf Unionsebene.

(10)   Der Kommission wird die Befugnis übertragen, diese Verordnung durch Annahme der in Absatz 9 des vorliegenden Artikels genannten technischen Regulierungsstandards gemäß den Artikeln 49 bis 52 der Verordnung (EU) 2024/1620 zu ergänzen.